Beiträge von Manny

    Liebe Foristen, seit ca. einem Monat bin ich stolzer Besitzer eines Corolla TS (MY2025). Vor dem Kauf habe ich mich über das Fahrzeug und Antrieb ausführlichst informiert und war doch über einige Dinge am Fahrzeug verwundert. Eins davon ist ISA. Ich habe mittlerweile unendlich viel Zeit in die Recherche zum ISA, teilweise aus Foren, teilweise Fachpresse investiert. Nirgendwo habe ich eine ausführliche Beschreibung bzw. Information gefunden und musste mir alles Stück für Stück zusammenreimen. Nachfolgende Ausführungen sollen dem interessierten Fahrer eine Zusammenfassung bieten, die ich so selbst gerne vor einem Monat gehabt hätte.


    Mir ist bewusst, dass bereits mehrere Threads für ISA bestehen, die jedoch die Infos auf mehrere Seiten häppchenweise verteilen. Ich denke daher, dass eine Zusammenfassung in jeden Fall sinnvoll ist, und hoffe natürlich, dass die Moderation es genau so sieht. Es wäre jedenfalls schade, wenn dieser Beitrag im anderen Thread untergehen würde.


    Sollten die Informationen nicht stimmen, gerne korrigieren.


    Nun zum Thema:



    1. Was ist ISA (nicht zu verwechseln mit RSA)

    ISA (= Intelligent Speed Assistance) ist ein Assistenzsystem, welches die Einhaltung von Geschwindigkeitsbegrenzungen unterstützen bzw. Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit verhindern soll mit dem Ziel die Unfälle im Straßenverkehr zu reduzieren. Gem. EU-Vorgaben (EU-Verordnung 2019/2144) müssen alle ab dem 7. Juli 2024 neu zugelassene Fahrzeuge mit dem ISA-System ausgestaltet sein.


    Folgende Systeme sind zulässig:

    a) Offener ISA: Warnt visuell oder akustisch bei Überschreitung des Tempolimits; Fahrer entscheidet selbst über das weitere Beschleunigen.

    b) Halb-offener ISA: Erhöht den Pedalgegendruck bei Überschreitung des Tempolimits, was das Beschleunigen unangenehmer macht, aber nicht verhindert.

    c) Geschlossener ISA: Drosselt automatisch die Motorleistung, um das Tempolimit einzuhalten.


    Toyota verwendet bisher offene ISA.


    2. Funktionsweise

    Das System kombiniert Informationen aus der Verkehrszeichenerkennung und den Kartendaten des Navigationssystems, um die aktuelle Geschwindigkeitsbegrenzung zu ermitteln. Die zulässige Höchstgeschwindigkeit wird dann als entsprechender Verkehrszeichen auf dem Kombiinstrument dargestellt.


    Wird die zulässige Höchstgeschwindigkeit um 3 % überschritten (also bei Tempo 70 km um mehr als 2,1 km), so blinkt zunächst nur das Verkehrszeichensymbol für etwa 2 Sekunden (optische Warnung). Wird die Geschwindigkeit nicht reduziert, so ertönt als Warnung ein 3-facher Piepton (akustische Warnung). Erneute Warnung erfolgt erst, wenn erneut die zulässige Höchstgeschwindigkeit überschritten wird. D.h. fährt man mit der erhöhten Geschwindigkeit weiter, wird man nicht noch ein Mal gewarnt.


    Geschwindigkeitstoleranz kann Länder abhängig sein (in Deutschland 3 %, in Spanien z.B. 7%). Achtung! Die Geschwindigkeitstoleranz ist eine allgemeine Vorgabe. Bei meinem Toyota piepst es schon ab 70 (so zumindest mein Gefühl).


    3. Probleme

    Die gute Absicht der EU-Bürokraten scheitert, wie so oft, an der Umsetzung. So werden folgenden Probleme berichtet:


    a) Die zulässige Höchstgeschwindigkeit wird nicht richtig erkannt. Die Umstände sind vielfältig, etwa Baustellen, schlechte Sicht oder Regen, beim Verlassen der geschlossenen Ortschaften, Kreuzungen etc. Die fälschlicherweise abgegebene Warnung kann irritierend sein und die Aufmerksamkeit des Fahrers stören, was die Unfallgefahr eher steigern dürfte.


    b) Halten der Geschwindigkeit:

    Fährt man in der 50er-Zone 50 kmh, oder eben in der 70er-Zone 70 kmh, so wird man in der Regel die Geschwindigkeit nicht exakt halten können. Durch äußerere Begebenheiten (spielende Kinder, Fahrradfahrer, Bodenwelle, BMW mit eingebauter Vor-fahrt etc.) wird man abbremsen oder beschleunigen müssen. Die Geschwindigkeit variiert dann in der 50er-Zone, zwischen z.B. 48 und 52 kmh, sodass im schlimmsten Falle die Fahrt zu einer Pieps-Orgie ausartet.


    c) Als ich vor ca. 25 Jahren meinen Führerschein gemacht habe, wurde mir beigebracht 5 kmh über die zulässige Geschwindigkeit zu fahren (also z.B. 75 kmh statt 70).

    Der Grund: Der Tacho im Fahrzeug zeigt weniger, als die tatsächliche Geschwindigkeit. Diese Gewohnheit abzulegen fällt mir persönlich sehr schwer.


    d) Der Mensch kann sich an alles gewöhnen. So habe ich Berichte gelesen von Leuten die nach einer gewissen Zeit das Piep-Geräusch gar nicht wahrnehmen. Das kann ich gut nachvollziehen, weil ich habe vor einigen Jahren neben Bahngleisen gewohnt. Nach einigen schlaflosen Wochen, nimmt man die vorbeirauschende Güterzüge und klirrende Fenster nicht mehr wahr. Dieser Umstand macht aber ISA sinnlos, wenn nicht absurd. Die beabsichtigte Warnfunktion ist nicht gegeben.


    e)

    Der intelligente Geschwindigkeitsassistent muss kontinuierlich aktualisiert werden, damit das Kartenmaterial und die Navigationsdaten auf dem neuesten Stand sind – bis zu sieben Jahre sind diese Updates bei jedem Hersteller wohl kostenfrei. Was danach ist? ....wer weiß das schon....


    f)

    Die Verantwortung liegt weiterhin beim dem Fahrer. Macht der Fahrer einen Fehler, weil er sich auf ISA verlassen hat, so liegt die Schuld dennoch bei dem Fahrer.



    4. Abschalten von ISA

    Das dürfte wohl eines der am intensivsten diskutierten Themen der letzten Monate sein (mein subjektives Empfinden).


    a) Ordnungsgemäße Abschalten:

    Die Vorgabe der EU sieht vor, dass ISA nicht permanent abgeschaltet werden darf. Spätestens wenn das Fahrzeug neu gestartet wird, muss auch ISA an sein. Will man also ISA nicht haben, muss man das bei jedem Neustart des Fahrzeugs ausschalten.

    Beim Corolla MY2025 lässt sich das System mit 4 Tastendrücken abschalten. OK (auf „Einstellungen“), 2 Mal Pfeiltasten (links am Lenkrad) nach oben, noch mal OK.

    Wahlweise kann man nur optische oder nur akustische Warnung auswählen (OK-Tasten länger drücken). Aber auch diese Einstellungen werden nach dem Neustart des Fahrzeugs zurückgesetzt.

    Lautstärke der Piep-Töne ist nicht regulierbar.


    b) Abkleben der Kamera:

    Klebt man die Kamera oben an der Frontscheibe ab, so funktioniert auch ISA nicht. Nachteile: andere Kamera gebundene Assistenzsysteme (z.B. adaptiver Tempomat etc.) funktionieren auch nicht.

    Nicht klar ist, wie die Versicherung, im Falle eines Unfalls, diesen Umstand berücksichtigt. Rechtsprechung hierzu konnte ich nicht finden.


    c) Abklemmen des Lautsprechers

    Wie b). Neben der Unklarheit hinsichtlich der Versicherung, stellt sich auch die Frage, ob das Fahrzeug mit dem abgeklemmten Lautsprecher überhaupt für Straßenverkehr zugelassen ist. Verneint man die Zulassung, so dürften die Konsequenzen, insbesondere im Falle eines Unfalls, für den Fahrer weit mehr als nur empfindlich sein. Entsprechende Rechtsprechung hierzu konnte ich jedoch auch hierzu nicht finden.


    d) Technische Lösung:

    Im Internet gibt es die Möglichkeit eine s.g. Zen-Box zu bestellen. Das Modul wird an das Auto angeschlossen und kann diverse Assistenzsysteme, eben auch ISA dauerhaft ab-schalten. Der Einbau muss vom Fachmann vorgenommen werden. Laut in Polen ansässigen Verkäufer ist das Abschalten von ISA auf diese Weise legal, und der Einbau hat keine Auswirkung auf die Garantie. Zenbox kostet umgerechnet etwa 200 €, zusätzlich fallen noch die Kosten für den Einbau.

    Rechtsprechung konnte ich hierzu nicht finden. Stützig macht der Umstand, dass solche Module nicht Deutschland verkauft werden (die Nachfrage wäre auf jeden Fall da). Auch die Toyota-Händler bieten eine solche Option nicht an. Am Ende muss jeder es selbst wissen.


    e) Lösung von Toyota

    Andere Hersteller haben es vorgemacht. Bei Mercedes, BMW etc. lässt sich ISA durch einen Tastendruck abschalten. Bei z.B. Hyundai Tucson kann man Favoritentaste entsprechend programmieren. Nur bei Toyota nicht.

    Bei Corollas MY2025 gibt es auf dem Multimedia-Display einen Symbol (60er Schild, welcher teilweise von einem Lautsprecher verdeckt wird). Momentan hat er noch keine Funktion (Stand: Juli 2025). Angeblich, wohl ein entsprechendes Update vorausgesetzt, soll er dazu dienen um ISA mit einem Druck auszuschalten. Eine Bestätigung seitens Toyota ist mir nicht bekannt. Also abwarten.

    Im Herbst kommt der neue Toyota Corolla Cross in den Verkauf. Man darf also hoffen, dass im Zuge dessen ein Softwareupdate erfolgt, welches dieses Symbol freischaltet. Das ist aber reine Spekulation.


    5. Fazit:

    Das ISA wird wohl nicht mehr wegzudenken sein. Das ist ärgerlich, da das im Grunde sinnvolles System derzeit schlicht nicht ausgereift und fehlerhaft ist. Das gilt für alle Hersteller. Der Nutzen zum aktuellen Zeitpunkt ist daher mehr als fraglich.

    Man kann darauf spekulieren, dass in der Zukunft ISA abgeschwächt wird, etwa durch höhere bzw. einstellbare Toleranzen. Letztendlich kommt es auch darauf an, wie hoch der Widerstand der Autofahrer ist. Dieser dürfte steigen, da auch die Anzahl der betroffenen Fahrzeuge mit der Zeit auch steigt. Die paar bisherigen Petitionen, die ich im Netz gefunden habe, haben etwa 1000 Unterschriften, was natürlich lächerlich wenig ist und kaum als Druckmittel zu bezeichnen sind.

    Es bleibt daher abzuwarten, wobei jedem Fahrer es frei steht sich beim Händler zu beschweren.

    Man wird also mit ISA leben lernen müssen. Zumal die bösen Zungen munkeln, dass alles so geplant ist, und die Autofahrer nur als kostenlose Testobjekte missbraucht werden, um Daten für die Entwicklung und Optimierung der künftigen Systeme für das autonome Fahren zu sammeln. Aber wer glaubt schon an die Verschwörungstheorien.